Technik 27


Warum ist die Doppeltraktion mit digitalen Lokomotiven so schwierig ?


Will man zwei Loks, gleicher Baureihe und vom gleichen Hersteller, in Doppeltraktion fahren, ist die Anpassung in Beschleunigung, Bremszeit, Höchstgeschwindigkeitund und zueinanderpassender Regelung bei Berg- und Talfahrt mit angehängtem, schweren Zug, noch relativ einfach.

Die folgenden Fotos zeigen die zwei Märklin Lokomotiven der Baureihe 145, vor einem schweren, mit Stahlprodukten beladenen Güterzug.

Beide Loks sind durch 4-polige Elektrokupplungen der Fa. Roco verbunden. Um Kontaktprobleme an einer der beiden Loks auszuschließen, sind sowohl beide Schleifer und beide Masseabgriffe der Loks über die Elektrokupplung verbunden.

Somit wird verhindert, dass eine der beiden Loks die andere ratternd ziehen bzw. ratternd schieben muss, nur weil eine der beiden zum Gleis Kontaktprobleme hatte.

Das folgende Foto zeigt die verwendete Roco-Kupplung.

Beide Loks können mit ihrer zweifachen Einspeisung problemlos über Trennstellen zweier Anlageneinspeisungen fahren, weil diese mit spannungstabilisierter Digitalspannung von BMB - Booster ( 5 A ) eingespeist werden.

Beide Anlagenteile haben durch diese Booster zeitgleich, die gleiche Digitalspannungsgröße und Dateninformation ( kein Versatz der Dateninformation ). 

Eine CU 6021 von Märklin, liefert für die Booster die Digitalinformation.  

Anders sieht es aus, wenn Loks verschiedener Baureihen und eventuell von unterschiedlichen Herstellern, in Doppeltraktion gefahren werden sollen. Weil zwei Loks verschiedener Baureihen und von zwei Herstellern, verschieden Motorausführungen mit unterschiedlichen Getriebeübersetzungen haben können, ist die Reglerparametrierung für beide Loks erheblich zeitaufwendig.

Beide Loks müssen in den Registerwerten ( CV's ) unterschiedlich geändert werden und immer wieder In Zeit, Weg, Geschwindigkeit und Regelungsverhalten getestet werden, bis eine Gleichheit bei beiden Loks erreicht ist.

Bei den mfx - Decodern sind dies die Register ( CV's ) :

1. CV 02 = Anfahrspannung

2. CV 03 = Beschleunigungszeit

3. CV 04 = Bremszeit

4. CV 05 = Höchstgeschwindigkeit

5. CV 53 = Parameter 1, Regelungsreferenz, EMK - Istwert vom Motor, D-Anteil des Drehzahlreglers

6. CV 54 = Parameter 2, P-Anteil des Drehzahlreglers ( Verstärkungsfaktor ). Dieser Wert bestimmt wie schnell der Drehzahregler regeln soll

7. CV 56 = Parameter 3, I-Anteil des Drehzahlreglers. Dieser Wert bestimmt die Ausregelzeit ( Trägheit ) des Drehzahlreglers

8. CV 56 = Parameter 4, bestimmt den Einfluss der Drehzahlregelung ( Lastregelung ). Dieser Parameterwert wird vom Herstellerwerk mit dem höchsten Wert 63 eingegeben und muss in den seltensten Fällen geändert werden.

Man beginnt mit dem CV 02 und beobachtet, bei welcher minimalen Sollwertvorgabe ( Minimalgeschwindigkeit ) am Fahrregler, beide Loks noch "schleichen". Meist ist die Werkseinstellung zu hoch, so das sie verkleinert werden kann.

Danach verändert man den CV 05, bis beide Loks die gleiche maximal gewünschte Geschwindigkeit fahren. Weil die Loks von Haus aus viel zu schnell fahren, wird in der Regel der Parameterwert verkleinert. Gut beobachten kann man beide Loks, wenn sie nebeneinander auf zwei parallele Gleise fahren.

Nun wird die Beschleunigungszeit beider Loks getestet und wenn nötig, der Parameterwert im CV 03 geändert. Höherer Parameterwert = langsamer beschleunigen.

Achtung ! Aufgrund der geringen Fahrstufen von 14 bzw. 27, kann man bei schnellem Drehzahlregler - hoher P-Anteil im CV 54 und niedrigem I-Anteil im CV 55 - bei langer Beschleunigungszeit und hoher Geschwindigkeit, Sprungbeschleunigungen bekommen. Die Lok ruckt sichtbar in der Beschleunigungsphase.

Will man die Loks mit hoher Geschwindigkeit fahren und erreicht eine der beiden Loks die Geschwindigkeit der anderen Lok nicht, muss de D-Anteil des Drehzahlreglers der langsameren Lok, im CV 53 verkleinert werden.

Hat man an einer Lok zu beiden Seiten des Motors zwei Gewichtszylinder ( Schwungmasse ) und bei der anderen Lok dies nicht, oder hat die eine Lok einen größeren Motor gegenüber der anderen Lok, kann der Drehzahlregler bei einer Lok "überschwingen".

Das geschieht, wenn ein schneller Regler mit seiner Parametrierung zu der Lok mit der geringeren Schwungmasse passt, aber bei der anderen Lok mit ihrer großen Motor - Schwungmasse zu schnell ist. Der Motor kann der Aussteuerung des Reglers nicht folgen. In diesem Fall muss bei der Lok mit der größeren Schwungmasse, der Wert im CV 54 und eventuell im CV 55 ihres Drehzahlreglers verkleinert werden.

Das nahezu synchrone Fahrverhalten beider Loks ist deshalb so wichtig, weil ansonsten beide Loks durch ihre Drehzahlregler gegeneinander arbeiten können. Der eine Drehzahlregler steuert auf, der andere steuert zu d.h., die eine Lok beschleunigt während die andere mit ihrem Getriebe bremst, weil ihr Regler eine zu schnelle Beschleunigung der anderen Lok erkennt.

Gegenüber der analogen Wechselstromsteuerung von bisherigen Lokomotiven, werden digitale Gleichstromotore von Lokomotiven mit einer Pulsweitenmodulation, kurz PWM, gesteuert bzw. geregelt. Bei dieser PWM wird bei der Geschwindigkeitsvorgabe durch den Fahrregler, nicht die Decoderausgangsspannung in ihrer Größe geändert, sondern das Verhältnis

Pulsweite ein zu Pulsweite aus.

Der Decoder schaltet die Motorspannung mit einer bestimmten Frequenz ( 32 kHz bei mfx - Decodern ) ständig ein und aus. Hierbei bestimmt das Zeitverhältnis zwischen den Ein- und Ausschaltblöcken, die mittlere Motorspannung.

Die Spannungsgröße der Einschaltblöcke bleibt stets gleich. In Fahrtrichtung Vorwärts, sind die Spannungsblöcke positiv und bei Rückwärtsfahrt negativ.

Die folgende Zeichnung zeigt eine am Motor der Lok anliegende Pulsweitenmodulation mit der sich ergebenden mittleren Motorspannung von +2,5 Volt.

 

Die folgende Zeichnung zeigt die PWM mit einer mittleren Motorspannung von +5 Volt.

Für die Rückwärtsfahrt zeigt die folgende Zeichnung eine PWM mit einer mittleren Motorspannung von -5 Volt.

  

Zu einer Drehzahlregelung ( die Lastregelung, von der immer gesprochen wird, ist eine Drehzahlregelung ) von Lokomotiv - Gleichstrommotoren gehört immer eine Stellgröße, der Geschwindigkeitssollwert - über den Integrator vom Fahrregler kommend - und ein Geschwindigkeitsistwert.

Bei den Gleichstrommotoren ist der Geschwindigkeitsistwert die Gegen-EMK der elektromechanische Kraft, kurz EMK genannt. Jeder Motor induziert bei seinen Umdrehungen eine Spannung - Gegen-EMK - im 5-poligen Anker, die dem Stromfluss durch den Anker entgegenwirkt.

Die Höhe dieser Spannung ist proportional der Drehzahl und somit der Lokgeschwindigkeit.

Für die Beschleunigung der Lok steuert die PWM die mittlere Motorspannung zunehmend bis zur gewünschten Gechwindigkeit. Der Beschleunigungsstrom des Motors ist solange hoch, bis die Gegen-EMK des Motors sich der mittleren Ausgangsspannung des Deocders angenähert hat.

Die Beschleunigungsphase ist dann beendet, weil Geschwindigkeitsistwert = Geschwindigkeitssollwert. Die Stromaufnahme des Motors verringert sich auf das Maß, dass zur Einhaltung der gewählten Geschwindigkeit benötigt wird.

Hat man zwei gleiche Loks wie oben zu sehen, die noch keine Parameteränderung durch den Benutzer erfahren haben, dann ist von einer gleichen Parametrierung des Decoders auszugehen .

Parametriert man die CV's des Decoder der einen Lok, müssten die gefundenen Werte auch dem Decoder der anderen Lok eingegeben, ein gleiches Fahrverhalten beider Loks ergeben.

Wurde dagegen eine Lok früher gekauft und bereits in den Werkseinstellungen geändert, ist es leicht, bein ordentlicher Buchführung, die festgehaltenen Parameterwerte zu übernehmen.

Ein Änderung an beiden Loks ist dann eventuell nur an den CV's 54,55 und eventuell 56 nötig, weil für die Bergfahrt nun zwei Loks den schweren Gütergzug ziehen. 

Je nachdem wie steil die Bergfahrt ist, hat der Drehzahlregler, bei einer Lok vor dem Zug, voll ausgesteuert = maximale Motorsteuerung und die Geschwindigkeit hat sich trotzdem verringert. Das kann bedeuten, dass die Parameterwerte für eine Dpoppeltraktion nicht verwendet werden können.

Weil man schlecht erfassen kann um welchen  Wert sich die Geschwindigkeit bei Vollausteuerung verringert hat, empfiehlt es sich, mit einem leichteren Zug an der Bergstrecke die optimale Parametrierung zu finden. 

Ist das Ergebnis der Parametrierung an beiden Loks zufriedenstellend, erhalten die Decoder beider Loks die gleiche Digitaladresse und der schwere Güterzug, kann nun von zwei Loks gezogen, seine große Fahrt beginnen.